Es war unglaublich! Ich konnte es nicht fassen! Ich hatte mich bei der Universität Paris-Sorbonne beworben, allerdings hatte ich noch keine Bestätigung erhalten. Meine Professoren in Köln waren so nett, mir Empfehlungsschreiben zu verfassen. Naiv wie ich war, stellte ich mir vor, dass die Sorbonne mir die Tür öffnen und den roten Teppich ausrollen …
Meine Freundin Anna, die eine Assistenzstelle beim Gymnasium Henri IV angenommen hatte, rief mich jeden Abend an, um mich zu motivieren, nicht aufzugeben. Begeistert erzählte sie mir über ihr kleines 20 m2 großes Apartment, das sie im 14. Arrondissement gemietet hatte. Erstaunt, dass sie sich so sehr über ihre winzige und ebenso bescheidene Unterkunft freute, begann ich mich davon zu überzeugen, dass ich mich nicht unbedingt in die Französische Hauptstadt wagen musste. In Köln verfügte ich über meine uni nahe Wohnung in der Südstadt.
Dann, Ende September, als ich versuchte von dem Projekt im Ausland zu studieren abzulassen, bekam ich den Bestätigungsbrief. Es war eine Einladung, dass ich mich melden und innerhalb der nächsten 8 Tage einschreiben sollte.
Vom einen auf den anderen Tag änderte sich alles und mein Zustand der Aufregung stieg im hektischen Rhythmus der Vorbereitungen. Einen Untermieter für meine Wohnung in Köln finden, der bereit war 12 Monate später bei meiner Rückkehr auszuziehen. Die Liste der “To Dos” war lang… Eine passende Reisekranken- und Unfallversicherung für meinen Auslandsaufenthalt finden, vielleicht auch eine Reisehaftpflichtversicherung… Im Endeffekt all das, woran ich noch nicht gedacht hatte. Zum Glück hatte die Sorbonne mir eine Liste aller Dokumente gesendet, die ich zum Einschreiben benötigte. Und meine Freundin wies mich auf die CareMed Reiseversicherung hin, die sie für ihr Praktikum in Singapur abgeschlossen hatte. Die Reiseversicherung war auf Austausch und Bildungsprogramme im Ausland spezialisiert.
Endlich hatte ich das Glück ein Zimmer in einer großen WG zu finden. Dort lebte ich mit Pedro aus Rio de Janeiro, Marta aus Lausanne und Nina aus Malmö zusammen. Das internationale Trio empfing mich mit offenen Armen und konnte es kaum erwarten, dass ich ihnen von „meinem“
Deutschland erzählte. Das Zusammenwohnen erforderte, dass wir die gleiche Regel respektierten nur Französisch zu sprechen. Ausgenommen davon waren Telefonate mit Freunden oder Familie aus der Heimat. Natürlich machten wir uns manchmal über den Akzent in der Aussprache der anderen lustig und imitierten uns gegenseitig. Darüber mussten wir laut lachen. Ich hatte das Glück im Quartier Latin zu wohnen und war in wenigen Minuten zu Fuß an der Sorbonne und konnte im Parque du Luxemburg joggen gehen. Dort duftete es abhängig von der Tageszeit nach Rosen oder Zuckerwatte. Manchmal ging einer von uns in Hausschuhen zur Bäckerei im Erdgeschoss unseres Wohnhauses und versorgte uns mit köstlichen Croissants und Schokoladen Brötchen. Wir tranken unsere Cafés Crème zusammen und tunkten „à la française“ unser Butter Croissant hinein bevor wir zur Uni gingen. Ich habe jetzt noch den Geschmack auf der Zunge.
Wir waren ein sympathisches Gespann mit viel Humor. Ich konnte immer auf den einen oder anderen zählen, wenn es um Kino, Vernissage oder Konferenz-Besuche oder einfach einen Abend mit Freunden ging. Anna schloss sich uns manchmal an und respektierte die gleichen Regeln…kein Deutsch, die Sprache von Molière war an der Tagesordnung. Geprägt von unserer Bildung in Deutschland, fiel es uns leicht die romanische Sprache in unser Leben zu integrieren, die schon blau-weiß-rot gefärbt waren und darauf waren wir stolz.
Die Sorbonne, ist eine der ältesten und angesehensten Universitäten Frankreichs, l’Excellence même de l’Education Nationale ! Ein Traum…bis mir bewusst wurde, dass ich nicht nur als Tourist zum entdecken einer neuen Kultur hier war, ich hatte etwas zu tun! Tatsächlich hatte ich mich für Literaturwissenschaften und Landeskunde eingeschrieben und hatte alle Hände voll zu tun. Allein die Hoffnung die Sorbonne –mangels Diplom- mit den Scheinen zu verlassen, brachte mich dazu, alles zu geben. Nie zuvor war ich so motiviert und nutze diese Energie, um Recherche für meine Bachelor-Arbeit zurück in Köln zu betreiben.
Allein die historischen Gebäude, die Administration und Vorlesungen beherbergten, faszinierten mich. Während ich auf meiner Bank saß, träumte ich davon, dass schon Gelehrte und Demonstranten vom Mai 1968, zum Beispiel Renaud, Daniel Cohn-Bendit und Jean-Paul Sartre dort gesessen hatten.
Für Sprachwissenschaften eingeschrieben, übte ich das Übersetzen vom Französischen ins Deutsche und andersherum. Einmal pro Woche ging ich zum Grand Palais, dem Flügel auf der Seine-Seite, der den Germanisten vorbehalten war. Nach den Vorlesungen ging ich manchmal auf der Champs-Élysées ganz in der Nähe spazieren. Dort traf ich am späten Nachmittag häufig Anna. Sicher, die Hauptstadt war voller Geräusche und strahlte Hektik aus, aber das war aufregend! Verschiedene Nationen, Kunst und Kultur, Architektur und vieles mehr! Während meiner Übersetzungsseminare freundete ich mich mit einer deutschsprachigen Norwegerin an, die im Quartier Montmartre lebte. Von Zeit zu Zeit besuchten wir Sacré-Cœur. Ich liebte es einzutauchen und die Ruhe der weißen Basilika, die aus der Stadt herausragte, zu genießen. Ich mochte es auch auf der Champs de Mars zu spazieren und selbstverständlich kletterte ich auf den Eifel Turm. Aber ich warte immer noch in das Restaurant Jule Verne eingeladen zu werden…
Heute als Dozentin und Übersetzerin, kehre ich häufig nach Paris zurück. Nicht nur, um Verleger zu treffen, sondern auch, um meine Freunde, die immer noch in der Hauptstadt leben, wiederzusehen. Ich nenne Paris gerne beim früheren Namen, Lutèce. Manche meiner „Copains“ haben die Natur oder erschwinglichere Wohngegenden, die in den „grande banlieue“ angesiedelt sind, aufgesucht. Manche meiner Freunde leben im Ausland und sind überall auf der Welt verteilt.
Bereichert von meinen Erfahrungen in Frankreich, habe ich viele weitere Auslandsaufenthalte unternommen. Ein Praktikum in San Francisco hat mir die Augen für die berufliche Welt auf internationaler Ebene geöffnet. Dank meines Abenteuers in Neuseeland konnte ich mich erholen, während ich die Natur und die herzliche Persönlichkeit des Landes bewunderte. Und dann hatte ich meine Sprache und Kultur so gut kennengelernt, dass ich Deutsch als Fremdsprache in Lissabon unterrichten konnte. Ich kann den jungen Leuten nur empfehlen den Auslandsaufenthalt noch vor dem Abitur zu planen und einen Plan ihrer Reise und Bildung zu machen. Die Worte von Francis Bacon entsprechen absolut der Realität. “Travel, in the younger sort, is a part of education; in the elder, a part of experience.”
Franka F., Bonn